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Törn 10506 Havanna - Bermuda 15.04.2006 - 30.04.2006

 

Auf diesem Törn war ich Bordberichterstatter, damit die lieben Leute zu Hause auch was zu lesen haben...

 

Kuba ist ein faszinierendes Land, so völlig anders als alles, was ich bisher erlebt habe, liegt wahrscheinlich daran, dass hier alles konsequent USA-frei ist. Vor der geschlossenen amerikanischen Botschaft wehen über 150 schwarze Flaggen - eine für jeden erschossenen amerikanischen Agenten auf Kuba...

15.04. - 18.04.

Nach ein paar Tagen Verzögerung sind wir nun endlich auf See, doch vorab noch ein paar Eindrücke aus Havanna: Am Flughafen wurden wie erwartet alle Dokumente genauestens kontrolliert und nach aufpicken des Seesacks ging es per Taxi ins Hotel in Havannas Altstadt. Bei Temperaturen von tagsüber ca. 30 Grad und nachts deutlich über 20 wurde 2 Tage lang die Altstadt erkundet. Die Orientierung ist Dank der schachbrettartigen Anordnung der Straßen relativ einfach, die Verarbeitung der Eindrücke dagegen nicht ganz so einfach.

Wundervolle Häuser im Kolonialstil in der gesamten Stadt, sehr viele Autos ab den 50er Jahren lassen das Gefühl aufkommen, man sei auf einer Zeitreise ein halbes Jahrhundert zurückgereist. Im Kontrast dazu steht der allgegenwärtige Verfall der Bausubstanz, der Zustand der Fahrzeuge und Straßen.

         

Die Bevölkerung ist trotz der eingeschränkten Möglichkeiten ungeheuer lebensfroh, überall dringt Livemusik aus Restaurants, Bars, Hotels und Hinterhöfen. Diese sind übrigens immer wieder gut für Überraschungen. Die teilweise bröckligen Fassaden zur Straßenseite verbergen oft wunderschöne Innenhöfe, oft aber auch Häuser, die zwar bewohnt sind, unserem Verständnis nach allerdings eher als dringend abrissbedürftig erscheinen.

Da viele aus der Mannschaft bereits 2 bis 14 Tage vor dem offiziellen Törnbeginn in Havanna bzw. auf Kuba waren, wurde auch gleich ein Stammtisch organisiert. In Ernest Hemmingways Lieblingsbar mussten wir uns natürlich auch verewigen, wie so viele Besucher vor uns es schon per Filzstift auf den Wänden getan haben.

   

Der Liegeplatz der Alex war zur Erkundung der Altstadt relativ günstig gelegen, jedoch optisch kein großer Genuß und auch das Schiff war nicht von der Stadt aus zu sehen. Open Ship oder auch nur die Besichtigung der Alex von Land aus waren aufgrund der strengen Kontrollen nicht möglich, selbst ein Betreten der Alex durch die neue Crew wurde während der Anwesenheit der alten Crew weitgehend unmöglich gemacht. Bei der Anreise der letzten Crewmitglieder mußte leider festgestellte werden, dass ein Seesack auf dem Flughafen verloren gegangen war. Der Törn sollte mit einer Stadtrundfahrt bzw. einem Empfang für die Botschafter am ersten Tag beginnen, am zweiten Tag sollte Proviant übernommen werden und dann Leinen los mit Kurs Bermudas. Doch es kam anders. Die kubanischen Behörden ließen den Botschafterbesuch an diesem Tag nicht zu, also ein weiterer Hafentag und Tagestörn tags drauf. Die Proviant- und Wasserlieferungen stockten bzw. kamen nur in Etappen, so daß wieder ein Hafentag fällig wurde. Dieser wurde wieder für Rundgänge durch die Altstadt und ausführliche Tests der kubanischen Getränkespezialisten genutzt. Die Highlights des Tages waren die Anlieferung des verlorengegangenen Seesacks und die Geburtstagsfeier des Chiefs in der Hamstertasche.

    
Nachdem der für vormittags bestellte restliche Proviant nicht zur verabredeten Zeit geliefert wurde, sank die Stimmung der Besatzung, was beim Eintreffen der Lieferung jedoch schlagartig in Vorfreude auf das nahende Auslaufen umschlug. Das Ablegen gegen 15
Uhr ging dementsprechend in Rekordzeit und die Laune steigt und steigt. Nach Verlassen der unmittelbaren Hafennähe wurde natürlich sofort die Decksdusche angetestet, die bei 27° Wassertemperatur äusserest beliebt war.

Soweit die zusammengefassten Eindrücke der ersten Tage


19.04

Nach einer ruhigen Fahrt nachts durch die Floridastraße unter Maschine hatten wir morgens die Gelegenheit ausgiebig den Generalalarm und das Verhalten bei einem solchen zu trainieren. Grund hierfür waren schlicht Fehlfunktionen der Rauchmelder im Maschinenraum.

         

Die 8-12 Wache hat aus Trainingszwecken beide Untermarsen gesetzt und kurz darauf wieder geborgen. Den Zeitverlust haben wir inzwischen annähernd wieder aufgeholt, jetzt fehlt nur noch etwas mehr Wind aus der richtigen Richtung, dann läuft alles wie bestellt. Neue Rauchmelder werden auch bestellt werden, den Generalalarm beherrschen mittlerweile endlich alle.

20.04

Seit gestern mittag wurde die Nacht hindurch gesegelt. Am frühen morgen folgte die Kursänderung um 180 Grad und ein Aufenthalt in Freeport, Bahamas, zum Bunkern des auf Kuba leider nicht erhaltenen Proviants. Noch 10 Tage mit Dosenwurst aus Good Old Germany und eine absolute Null-Obst-/Null-Gemüse-Ernährung werden wahrscheinlich nicht sooo spannend gewesen Nachdem ein Landgang seitens der Schiffsführung und der hiesigen Imigration nicht ermöglicht worden ist, und der Aufenthalt ausschließlich zum Proviant übernehmen dienen sollte, ist die Hafenwache anderweitig kreativ geworden.

    

Ein exklusives Crew-Shirt in limitierter Auflage wird an diesen denkwürdigen Tag erinnern. Die Backschaft hat als Dessert "Birne Fidel" kreiert (Birne mit braunem Rum) und die Alex ist x-fach auf Festmacher und Pier gepönt worden. Wir hoffen, daß die Proviantlieferung hier etwas besser funktioniert als auf Kuba - wir werden sehen.. (und gegebenenfalls morgen einen Pier-Stammtisch anberaumen, sollten wir noch hier sein)

21.04

An Bord alles wohlauf, Stimmung hat sich sehr gebessert, da endlich unter Vollzeug in See. Die Köche können nun endlich wieder ihre Kochkunst zeigen, denn die notwendigen Zutaten stehen zur Verfügung; die Besatzung dankt es ihnen durch kräftigen Appetit. Nach der Proviantübernahme, die erstaunlicherweise nur drei Stunden nach angekündigtem Zeitpunkt erfolgte, legten wir halb sieben morgens von den Bahamas ab. Die gefühlte Proviantmenge reicht jetzt von hier bis Japan und zurück, die Suche einzelner Gegenstände in den Lasten ist entsprechend schwierig geworden. Es wurde den gesamten Tag unter Vollzeug gesegelt. Als Oberbackschuft habe ich leider wenig davon mitbekommen, obwohl wir Backschafter unser Tagesprogramm dank eingespielter Trainees schnell abgespult hatten. An Deck wurde erfolgreich eine neue Erfrischungsmöglichkeit in Form eines völlig löchrigen C-Schlauches getestet. Der Vorteil besteht eindeutig darin, dass man mit ca. 15 Leuten im Versaufloch diagonal von unten duschen kann - Die Erfindung der Decks-Duschparty.


    

22.04

In der Nacht haben wir die schützende Deckung der Bahama Bank verlassen und die Alex bzw. vielmehr die nicht seefesten unter uns mussten der Dünung ihren Tribut zollen. Im Stammcrew-Bad verabschiedete sich ein Spiegel und ein führender Nautiker des Schiffes bediente sich gegen 02:00 Uhr der Schiffskrängung um den Kühlschrankinhalt komplett inklusive Einlegeböden in der Messe zu verteilen. Dank dieser und anderer Ereignisse war die Nacht relativ kurzweilig. Nebenbei gab der Geschirrspüler den Geist auf, was der Backschaft mit sofortiger Wirkung das "Morgengrauen" bescherte. Der vorhandene Ersatzmotor ist leider ebenso defekt wie der derzeit verbaute. Als kleiner Trost bleiben da nur das herrliche Segelwetter und der Geburtstagskuchen für Trainee Thomas.

    

23.04

Der Bootsmann hat das Ende der Sonnenbadesaison mit der Verteilung erster Instandhaltungsarbeiten eingeläutet. An verschiedenen Stellen wird Rost geklopft und gepönt, und das am heiligen Sonntag. Einige Webeleinen wurden getauscht und Reiter gewechselt. Die Mischung zwischen segeln, faulenzen und arbeiten stimmt. Die Seekranken sind gesundet und unter Begleitung vereinzelter fliegender Fische geht es weiter Kurs Bermudas. Die Schlappskiste erfreute sich grosser Beliebtheit.

24.04

    

Dank des über Nacht eingeschlafenen Windes wurde vormittags der Unterwasserbesan bemüht, ab Mittag ist wieder Vollzeug gesetzt worden. Ganz rein zufällig gab es vor dem Setzen der letzten Segel einen Generalalarm mit Brandschutzübung und Bergung einer vermissten Person. Die Übung wurde erfolgreich absolviert, auch wenn die Übung so realistisch durchgeführt wurde, das das Kabelgatt leichte Überschwemmungserscheinungen durch den C-Rohr-Einsatz aufwies, sehr zur Freude des Bootsies. Die 0-4 Wache hat heute erfolgreich Matrosin Susi als Behelfs-Toppseuse eingesetzt. Das Seewasser hat mittlerweile nur noch 23 Grad, so das es unter Deck temperaturmässig erheblich angenehmer geworden ist, man liegt nicht mehr so "im eigenen Saft".

25.04

Die 0-4 Wache hat der Backschaft eine Weckmatrix hinterlassen, je nach Frühstücksangebot wollten sich die einzelnen Wachgänger wecken lassen. Da es Kaiserschmarrn gab, durften die männlichen Wachmitglieder weiterschlafen, die sich nahezu ausnahmslos fürs herzhafte Frühstück entschieden hatten.

Gesegelt wurde den ganzen Tag bei wenig Wind und Vollzeug. Die gesamte Mannschaft leidet ob der wahnsinnigen Geschwindigkeit von plusminus 3 Knoten am Geschwindigkeitsrausch, doch wir sind guten Mutes, diesen Rausch bis Hamilton wieder los zu werden. Vormittags gab es Besuch von einem von der 8-12 Wache auf den Namen "Erwin" getauften Vogel, der bis jetzt (ca. 18:00 Uhr) immer noch die Arbeit der Steuerleute vom Achterdeck aus überwacht. Unbestätigten Gerüchten zufolge wurden vormittags Delphine gesichtet, bestätigt werden kann hingegen die Sichtung einiger Portugiesischer Galeeren (Quallen, nicht Schiffe!) Nach erneuter Wachübernahme der 0-4 Wache durch Matrosin Susi ist sie von der Behelfs-Toppseuse zur Toppsi-Anwärterin befördert worden.

26.04

Unser Bordvogel Erwin hat die Nacht leider nicht überstanden, es wurde kurze Trauer angeordnet. Die 4-8 Wache durfte sich mit seinen Hinterlassenschaften auf der Reling befassen. Vormittags ist ein Wal gesichtet worden. Nachmittags wurde unter Leitung von Behelfs-Toppsi Martin unter Regie der Schiffsleitung in der 0-4 Wache die erste Halse des Törns vorbereitet, die dann gemeinsam mit der 4-8 Wache gefahren worden ist. Die zweite Halse zurück auf den alten Kurs ist um 18:30 Uhr erfolgt. Außerdem hatten wir heute wieder einen Geburtstag zu feiern, diesmal einen runden. Wie für einen 30. üblich mußten Klinken geputzt werden. Da es erfahrungsgemäß nur wenige Klinken an Bord gibt, hieß es für Smut-Maat Kathrin entsprechend Kompaß polieren.

Als Empfehlung den nächsten runden Geburtstag auf der Alex zu verbringen, noch schnell die Tageschronik:

00:00 Geburtstagsständchen an Deck mit Piccolo  
02:00 Bier-Runde  
07:30 Wecken durch Frühstücksglasen, vom Kapitän angeordnetes absolutes Kombüsenverbot
15:00 Kompaß polieren, davor und danach Freizeit

Also durchaus ein empfehlenswerter Tagesablauf...

27.04

Bestes Segelwetter und einige Segelmanöver (2 Halsen und kreuzbrassen) in eineinhalb Stunden haben zu einem grandiosen Segeltag beigetragen. Genaugenommen ist dies aber kein Segeltörn sondern ein Geburtstagstörn. Heute hat Toppsi Matthias Geburtstag, Kuchen inklusive - und es wird nicht der letzte Geburtstag sein... Es gibt in der Crew doch immer noch recht viele, die von Vogel Erwin sprechen, er hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Wegen Renovierungsarbeiten im Hafen von Hamilton wird die Alex in St. George, dem alten Hafen der Bermudas, anlegen. Dadurch entfällt leider die vermutlich wunderschöne Passage mit Lotse durch die Riffe bis nach Hamilton, da St. George auf direktem Weg anzufahren ist.

Traditionsgemäß am letzten Tag auf See werden Prüfungen durchgeführt, auf diesem Törn ein Leichtmatrosenanwärter und der Bordberichterstatter (ich) als Matrosenanwärter. Nach bestandener Prüfung können wir das Wort "Anwärter" streichen!!

    

28.04 Abschlussbericht

Wir sind morgens mit Lotsenunterstützung durch die schmale Hafeneinfahrt in den Naturhafen von St. George eingelaufen. Da wir noch auf das Ablegen der "Norwegian Crown" warten mußten, haben wir geankert und dort bis zur Abfahrt des Kreuzfahrers Reinschiff gemacht und die Segel gepackt. Letzte Nacht war etwas naßkalt, so das die Wache gefühlsmässig eher einer Wache auf einem Nordostsee-Törn entsprach als einer Wache in Karibiknähe.

Heute Abend folgt noch das Captains Dinner, danach Erkundung der Inseln auf eigene Faust..

Dies ist dann auch der letzte Bericht dieses Törns, ich melde mich mit dem nächsten Bericht voraussichtlich nach dem Ablegen am 1. oder 2. Mai. 

Letzte Worte: Es war (ich denke nicht nur für mich) ein sehr schöner, erlebnisreicher Törn.